Rede zum Haushalt des Kreises Warendorf 2012

Stephan Schulte

 

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

es ist in diesem Jahr aufgrund der erheblich gestiegenen Steuerkraft gelungen, die Städte und Gemeinden im Kreis insgesamt um gut 5 Millionen Euro gegenüber dem letzten Jahr zu entlasten und die allgemeine Kreisumlage auf 36,4 % zu reduzieren.

Dass wir aufgrund verschiedener Ertragsverbesserungen von zusammen ca. einer Millionen Euro auch noch diesen Betrag zum Zwecke der Tilgung der Verbindlichkeiten des Kreises einsetzen und damit die jährliche Zinsbelastung um rund 40.000,-- Euro verringern können, freut meine Fraktion insbesondere angesichts der sich spätestens ab 2014 verdüsternden Aussichten für die Kommunalfinanzen der eher ländlichen Räume.

Wer da nun aber meint, unser Haushalt sei in diesem Jahr nicht besonders spektakulär – wir hatten diesmal kein millionenschweres Sparpaket - irrt.

Nicht nur, dass es uns im Gegensatz zu anderen Kreisen auch aus der unmittelbaren Nachbarschaft gelingt, den Schuldenabbau voran zu treiben, uns damit aus der Zinsverpflichtung von bis dato 1,12 Millionen Euro per Anno ein wenig mehr zu lösen und so neue Beweglichkeit zu erlangen,

nein – wir werden zum Jahresbeginn Optionskommune.

Wir werden also in der Lage sein, Arbeitsmarktpolitik aktiv mitzugestalten.

Uns allen ist die damit verbundene enorme Verantwortung bewusst.

Sicher, Herr Dr. Börger, das impliziert einen nicht zu unterschätzenden Vertrauensvorschuss in sie persönlich, in das Sozialamt des Kreises mit seiner Amtsleiterin Frau Klausmeier und nicht zuletzt in das neue Jobcenter unter Leitung von Frau Schreier.

Meine Fraktion wird die den Betroffenen zugutekommenden Bemühungen mit aller Kraft unterstützen.

Wir haben schon im letzten Jahr – ich darf sie an die nicht besonders erfreulichen Ergebnisse des Prognos Zukunftsatlas‘ 2010 erinnern -

auf die Notwendigkeit verstärkter Gestaltungstätigkeit für unsere Region aufmerksam gemacht.

Es freut uns nun außerordentlich, dass unsere Anregung aufgegriffen wurde und der Kreis auf dem Wege zu einem Kreisentwicklungsprogramm ist, das seriös an einer Verbesserung aller diesbezüglich erforderlichen Parameter arbeitet.

Besonders erwähnenswert ist sicherlich auch das Ergebnis der überörtlichen Prüfung des Kreises Warendorf durch die

Gemeindeprüfungsanstalt NRW, das gleich noch auf unserer Tagesordnung steht.

GPA- Präsident Werner Haßenkamp hatte es in der gemeinsamen Sitzung von Kreisausschuss und Rechnungsprüfungsausschuss vorgestellt und uns viel Positives zu berichten gewusst.

Allerdings stellte die Prüfung einen zusätzlichen Personalbedarf im Bereich unseres Jugendamtes fest. Der Kreis selbst geht nun diesem Hinweis konkret nach und wir erwarten hier schelle Ergebnisse, da gerade die Tätigkeit des Jugendamtes für die dort Hilfesuchenden von mitunter existentieller Bedeutung ist.

Es geht dabei nämlich tatsächlich nicht nur darum, ob zum Beispiel ein Jagdschein pünktlich zum Aufgang der Bockjagd verlängert ist oder nicht.

Nein!

Für ein Kind in einer möglicherweise schier unerträglichen Situation können auch wenige Tage durch Arbeitsüberlastung bedingte Untätigkeit die pure Hölle sein.

Das darf es in unserem Kreis nicht geben!

Das zu Ende gehende Jahr hat allerdings auch ein radikales Umsteuern im Energiebereich bei der Bundesregierung gebracht.

Wo gestern noch von Laufzeitverlängerungen geträumt wurde, wird nun der Ausstieg aus der Atomkraft betrieben.


Wo ich gerade dabei bin:

Wenn ich mir anschaue, wie der zwingend notwendige Bau von viertausend Kilometer Hochspannungsfernleitungen vorangetrieben

oder wahrer auf die lange Bank geschoben wird, lässt mich das an der Ernsthaftigkeit dieser Bemühungen arg zweifeln.

Aber zurück zu unserem Haushalt:

Wir hatten in den letzten Jahren eine mehr oder weniger offene Diskussion über den Umgang mit unseren ca. 625.000 RWE-Anteilen.

Die Fraktion Die Linke hat sich stets dafür ausgesprochen, diese Anteile nicht zu veräußern, sondern im Konzern RWE weiter auf ein Umsteuern hin zu den erneuerbaren Energien zu drängen, was im RWE-Vorstand bisher mit unsäglicher Ignoranz verschlafen wurde.


Die Ertragsrückgänge des Unternehmens sprechen da Bände und treffen unsere GKW und damit eben auch unseren Haushalt hart.

Wir – die Fraktion Die Linke im Kreistag Warendorf – wollen dennoch –

ohne wenn und aber – am Besitz dieser Aktien festhalten.

Es ist in Deutschland als Ganzes von herausragender Bedeutung, dass möglichst viele Anteile an den Energieversorgungsunternehmungen im Lande in öffentlicher Hand sind oder besser gesagt, wieder in öffentliche Hand kommen.

Energieversorgung im 21. Jahrhundert ist Daseinsvorsorge im klassischen Sinn und somit ganz klar kommunale Aufgabe.

Zum Ende noch ein Ausblick auf das, was uns in aller Kürze erwartet.

Im Bereich Einkommensteuer wird der Steuerzahler um 6,1 Milliarden Euro entlastet.

Soweit so gut.

Die Bereinigung der Bauchung im Einkommensteuertarif, die die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen überproportional zur Ader lässt, ist auch und gerader aus Sicht der Linken sehr zu begrüßen.

Nur nicht so, wie Schwarz-Gelb das wieder will

– nämlich auf Pump.

Offenbar aber haben die Berliner Koalitionäre den so gern zitierten John Maynard Keynes bis heute nicht verstanden – oder sie haben es einfach nicht geschafft, auch den zweiten Teil zu lesen, der eben verlangt, dass in besseren wirtschaftlichen Zeiten die Defizite auch wieder zurückgefahren werden.

Die Nettoneuverschuldung für das Jahr 2012 wird nach der aktuellen Planung 26,1 Milliarden Euro betragen.

Das ist mitten in der größten europäischen Schuldenkrise völlig unverständlich,

es sei denn, man bedenkt die letzten verheerenden Landtagswahl- und Umfrageergebnisse der FDP.

Wo es einzig richtig wäre, bestverdienende Menschen und Unternehmen erheblich stärker an den Kosten unseres Gemeinwesens zu beteiligen, statt immer mehr Schulden anzuhäufen, wird das Ziel eines soliden Haushalts mit tatsächlich gerechter Lastenverteilung abermals auf dem Altar besserer Wahlchancen für die FDP geopfert.


Nur so erschließt sich dem geneigten Betrachter, warum der deutsche Schuldenberg weiter wachsen soll.

Also, meine Damen und Herren, ein reines Notbeatmungsprogramm für die Dreipunktepartei auf Kosten unserer Kinder.

Für uns hier im Kreis Warendorf bin ich sehr froh, dass wir einen andern Weg eingeschlagen haben und unsere Kredite weiterhin tilgen und das ohne die Leistungen für die Menschen bei uns zu verringern.


Zum Schluss: Die Linke stimmt dem vorliegenden Haushaltsentwurf zu.