Rede zum Haushalt der Stadt Ahlen 2016

Reiner Jenkel

 



Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,


auch wir springen nicht gerne auf fahrende Züge auf, besonders in meinem Alter ist das nicht ganz ungefährlich. Der Zug, der sich ohne die (zahlenmäßig!) kleinen Fraktionen dieses Rates in Bewegung gesetzt hatte, wurde gelenkt von den Fraktionen der CDU und der SPD, sofern man bei einem Zug überhaupt von „lenken“ reden kann. Die Lokführer bestimmen die Geschwindigkeit des Zuges, die Weichen stellen andere, in diesem Falle in einem nicht unerheblichen Maße der Kämmerer.


Die Hauptaufgabe des Kämmerers besteht darin, für einen möglichst ausgeglichenen Haushalt zu sorgen. Die Aufgabe der Politik ist es zu entscheiden, wofür das Geld ausgegeben wird und ob und in welchem Maße die Ausgaben- oder die Einnahmenseite verändert werden soll. Der zur Verfügung stehende Spielraum ist in Anbetracht der aktuellen Haushaltslage in unserer Stadt nicht sehr groß. Umso sorgfältiger müssen deshalb auch vermeintlich kleine Beträge auf den Prüfstand gestellt werden. Wer die Einigung der beiden (zahlenmäßig!) großen Fraktionen in unserem Stadtrat aufmerksam verfolgt hat, musste feststellen, dass dabei keine Einsparmöglichkeiten gefunden wurden (vermutlich weil danach auch nicht ambitioniert gesucht wurde), sondern zusätzliche Ausgaben generiert wurden. Die CDU kam mit einer Forderung nach einem Zuschuss von 10.000,- € für den Weihnachtsmarkt um die Ecke, was selbst die veranstaltende Wirtschaftsförderung „vorübergehend sprachlos“ machte. Da man nicht zitieren sollte, ohne die Quelle anzugeben: Diese Formulierung habe ich einem Artikel von Dierk Hartleb entnommen, der im „Blickpunkt“ vom vergangenen Sonntag veröffentlicht wurde - nicht dass meine Haushaltsrede im Nachhinein für ungültig erklärt wird...


Weitere CDU-Forderungen von 20.000,- € für die Gestaltung des Dorfplatzes in Vorhelm weckten fast schon naturgemäß beim (vorübergehenden?/Fragezeichen) Koalitionspartner SPD ebenfalls Begehrlichkeiten. Trotzdem blieb noch etwas für die FDP übrig, die sich für mehr kulturelle Angebote im Umfeld von Großveranstaltungen stark machte, was gleichzeitig eine Kritik an der Wirtschaftsförderungsgesellschaft und/oder „Pro Ahlen“ impliziert, deren Kompetenz auf diesem Feld zumindest in Zweifel gezogen wurde. Dass auch Verträge mit Betreibern von historischen Kinderkarussells nicht zur Kernkompetenz der WFG gehören, mussten wie vor einigen Tagen schmerzlich erfahren. Aber es ist ja alles noch einmal gut gegangen und mein Enkel hatte Spaß.


Konkret wurde von den Ahlener Freidemokraten vorgeschlagen, an den Abenden des Pöttkes- und Töttkenmarktes eine Band auftreten zu lassen, um Auswärtige und Ahlenerinnen und Ahlener in der Stadt zu halten. Dass dabei selbstverständlich auch die Ahlener Wirte profitieren würden, kann der entwicklungsfähigen Ahlener Restaurant- und Kneipenszene nur gut tun, wie auch das private Engagement von Ahlenern wie Knut Schneider. Mehr Miteinander statt Gegeneinander kann jedenfalls nicht schaden.


Nach Einsparmöglichkeiten sollte auch in einem neugegründeten Unterausschuss gesucht werden, offensichtlich vollkommen erfolglos! Die SPD moniert in diesem Zusammenhang mit Recht, dass selbst die Beschlüsse aus 2014 und 2015 noch nicht umgesetzt wurden. Man strebe jetzt ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept für 2017 an. Wir sind gespannt!


Einsparmöglichkeiten hätte es auch bei der Sportförderung gegeben. Ausgaben für ein Reitpferd oder für die Beleuchtung des finanzstärksten Ahlener Tennisvereins sind durchaus diskussionswürdig, so wie auch jährliche Zuschüsse an das St. Michael Gymnasium, einer katholischen Privatschule, die für sich entscheidet, welche Schülerinnen und Schüler sie aufnimmt und auch ohne kommunale Zuschüsse zum größten Teil staatlich finanziert wird. Nicht jeder hält die städtische Alimentierung angesichts der finanzstarken Katholischen Kirche und des im Vergleich zu allen anderen Ahlener Schulen hohen Spendenaufkommens der ausgewählten Elternschaft für notwendig. Wir auch nicht.


Ratsbeschlüsse gelten so lange bis sie geändert, erweitert oder aufgehoben werden. Das gilt natürlich auch für den Beschluss, in der Stadtverwaltung eine zweite Dezernentenstelle einzurichten. Im Haushaltsentwurf sucht man danach vergebens. CDU und SPD finden das im Moment nicht so wichtig. Wir schon.


Die Grünen halten den Etatentwurf allenfalls für einen Interimshaushalt und vermissen klare Aussagen zur Flüchtlingsthematik und zum Wohnungsbau. Wir auch.


Eine Mammutaufgabe kommt erst im nächsten Jahr und in den darauf folgenden Jahren auf uns zu: Die Rathaussanierung. Die Option des Umzugs in das Gebäude der Arbeitsagentur gibt es nicht mehr, den Altbürgermeistern Faust von der CDU und Jaunich von der SPD, die sich auf einer entscheidenden Versammlung seinerzeit vehement und emotional dagegen ausgesprochen hatten, sei „Dank“. Mit den finanziellen Folgen müssen wir jetzt leben, auch die Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU.


Bei der Finanzierungssuche ist man im Rahmen der Haushaltsberatung auf die vermeintlich unangemessene Erhöhung der Kreisumlage gestoßen. Ralf Kiowski, der CDU-Fraktionsvorsitzende verglich in diesem Zusammenhang den Kreis Warendorf mit dem Kreis Borken und übersah dabei wissentlich oder unwissentlich, dass dort die Städte und Gemeinden 50% der Netto-Soziallasten tragen. Würde die Stadt Ahlen zum Kreis Borken gehören, müsste sie jährlich über 1,5 Millionen € mehr aufbringen! Die Höhe der Kreisumlage liegt im Kreis Warendorf im Landesvergleich laut Gemeindeprüfungsamt trotzdem im unteren Drittel, laut Gemeindeprüfungsamt, demselben Amt, dass unserem Kreis erst im Jahr 2010 einen „verantwortungsvollen Umgang mit seinen Mitteln“ bescheinigt hat. Es ist darüber hinaus nicht zielführend, dass man sich in der kommunalen Familie gegenseitig verbal verdrischt, wir sitzen in einem Boot!


Wenn die finanziellen Belastungen für die Städte und Gemeinden immer größer werden, wird auch die Versuchung immer größer, wie im letzten Jahr geschehen, die Grundsteuer B zu erhöhen, weil sie verlässliche Einnahmen garantiert. Bei der Grundsteuer B handelt es sich um eine unsoziale, vollkommen einkommensunabhängige Massensteuer, die jeder direkt oder indirekt zu zahlen hat. Sozial und gerecht wäre es dagegen, die Einkommenssteuer für Wohlhabende sowie die Kapitalertragssteuer zu erhöhen und das Geld den Kommunen zur Verfügung zu stellen. Aber darüber haben wir nicht zu entscheiden.


Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, es wird Sie nicht wirklich überraschen: Die LINKE lehnt die Haushaltssatzung 2016 ab. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!