Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit am 25.02.2016

Anfrage zur neuen Jobcenter Maßnahme IAS für gesundheitlich beeinträchtigte Leistungsbeziehende

zur Sitzung des
Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit am 25.02.2016

Wie bereits im Arbeitsmarkt-und Integrationsprogramm des Jobcenters Kreis Warendorf angekündigt, bietet das Jobcenter des Kreises nun auch eine Maßnahme für gesundheitlich beeinträchtigte Leistungsbeziehende an.

Die Einladungen an ausgewählte Leistungsbeziehende zu einer Gruppeninformationsveranstaltung zur Gesundheitsmaßnahme IAS im "Patientenclub" der Jobcenter-Anlaufstelle Ahlen erfolgten unter Sanktionsandrohung, während die Teilnahme an der Maßnahme selbst freiwillig sein soll.

Nach Angaben von Teilnehmern werden in der Maßnahme Gespräche mit Ärzten und Psychologen geführt und allgemeine Beratung und Hilfestellung in allen Lebenslagen angeboten.

Die behandelnden Ärzte müssen von der Schweigepflicht entbunden werden. Auch der direkte Kontakt der beim Maßnahmeträger beschäftigten Ärzte und Psychologen mit den behandelnden Ärzten der Teilnehmer wird gesucht.

Der Maßnahmeträger Softdoor GmbH ist laut Handelsregisterauszug in unterschiedlichen Bereichen aktiv:

Durchführung von Bildungs- und Rehabilitations-Maßnahmen sowie Integration der Teilnehmer in den Arbeitsmarkt - Arbeitnehmerüberlassung - Erstellen von Gutachten im Bereich der beruflichen und medizinischen Diagnostik, sowie der Durchführung von medizinischen und kosmetischen Behandlungen - Übernahme und Lizensierung von Urheber- und Leistungsverwertungsrechten - Entwicklung und Vertrieb von Dienstleistungen, Hard- und Software sowie Handelswaren - Erwerb, Betrieb, Vermietung und Verwaltung von Immobilien - Gastronomische Leistungen, Bewirtung, Unterbringung (Hotellerie), auch im Rahmen der vorgenannten Gegenstände des Unternehmens."

Das Konzept der Maßnahme basiert einer Präsentation des Maßnahmeträgers zufolge auf der bekannten soziologischen Untersuchung "Die Arbeitslosen von Marienthal" über die psychosozialen Folgen von Arbeitslosigkeit von 1933.

Die Ergebnisse daraus werden 1:1 auf die Situation von Erwerbslosen in der heutigen Zeit übertragen.


Aus der Kausalitätshypothese "Arbeitslosigkeit macht krank" und der Selektionshypothese "Krankheit erhöht Risiko, arbeitslos zu werden" entwickelt der Träger folgenden Ablauf der Maßnahme:

Phase 1
- Untersuchung des Teilnehmers durch einen Arbeitsmediziner
- Berufliche / Soziale Anamnese

14 Tage
- Erstellen des medizinischen Gutachtens
- Erstellen des Arbeitsplanes
- Teilnehmer wird durchgesprochen
- Mit dem Teilnehmer werden die Ergebnisse besprochen
- Wiedereingliederungsvereinbarung (Jobcenter)

Phase II
- Aktive Umsetzung des Arbeitsplanes
- Im Laufe der Maßnahme können sich Arbeitsziele verändern
- Sozialkompetenz- und Hygienetraining bei Bedarf“


Aus der Veröffentlichung der Softdoor GmbH und des Kommunalen Jobcenters Eigenbetrieb Neue Wege Kreis Bergstraße zu einer beendeten Maßnahme lässt sich entnehmen:

Von 113 Teilnehmern verblieben 67 Teilnehmer mit folgendem Status in der Maßnahme:
- Gesundheitlich stabilisiert aktive Bewerbungsphase 39%
- Antrag auf Erwerbsminderungsrente 6%
- Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben 3%
- Gesundheitlich noch instabil 52%“

46 Teilnehmer schieden vorzeitig aus der Maßnahme aus aus folgenden Gründen:
- in Arbeit 24%
- Erwerbsminderungsrente 13%
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben DRV 9%
- Arbeitslosengeld II Bezug beendet 19%
- Medizinische Reha 2%
- Langzeit AU 11%
- Mangelnde Kooperation 20%
- verstorben 2%“


Gemäß den Fachlichen Hinweisen SGB II - Berufliche Rehabilitation erwerbsfähiger Leistungsberechtigter (Rechtsgrundlage § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II) kann nur durch die Zusammenarbeit der jeweils handelnden Sozialleistungsträger der Rechtsanspruch auf Teilhabe am Arbeitsleben wirksam umgesetzt werden.

In den Regelungen zur Anwendung und Umsetzung findet sich zum Punkt "Hinweise auf vermittlungsrelevante Einschränkungen im Leistungsvermögen erkennen" die Weisung:

Es ist Aufgabe jeder Integrationsfachkraft, Hinweise auf vermittlungsrelevante (z. B. gesundheitliche) Einschränkungen bei eLb [erwerbsfähige Leistungsberechtigte] rechtzeitig zu erkennen. Dabei ist zu klären, ob die Einschränkungen auf gesundheitliche bzw. behinderungsbedingte Ursachen zurückzuführen sind, um den Zugang zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zeitnah zu ermöglichen, falls dies erforderlich erscheint."

Zum Punkt "Potentiellen Rehabilitationsbedarf identifizieren" findet sich die Weisung:

Die Integrationsfachkraft muss klären, in welchem Ausmaß die gesundheitlichen Einschränkungen sich auf die Leistungsfähigkeit und in der Folge auf die Eingliederung in Arbeit auswirken und ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben notwendig sind."


Dafür können die Fachdienste wie z.B. der Ärztliche Dienst oder können die notwendigen Untersuchungen auch von anderem Dienstleistern wie z. B. den Gesundheitsämtern, Krankenkassen oder sozialpsychiatrischen Diensten durchgeführt werden.“


Aus der Betrachtung und Gegenüberstellung der Maßnahme IAS und den Fachlichen Hinweisen / Weisungen zur Berufliche Rehabilitation ergeben sich für uns folgende Fragen:

1. Sollen mit der Maßnahme IAS die originären Aufgaben der Integrationskräfte der Behörde und der Fachdienste auf ein privates Unternehmen übertragen werden? Wenn ja, warum?

2. Besteht trotz der Beauftragung eines privaten Maßnahmeträgers Rechtssicherheit für die Teilnehmer, bleibt ihr Rechtsanspruch auf Teilhabe am Arbeitsleben vollumfänglich gewahrt?

3. Ist die Qualifikation der Mitarbeiter der Softdoor GmbH für diese Tätigkeit hinreichend gesichert? Wie wird dies gegenüber dem Jobcenter Kreis Warendorf nachgewiesen?

4. Wie ist der Schutz der besonders sensiblen Gesundheitsdaten der Maßnahmeteilnehmer gewährleistet? Greift der Sozialdatenschutz gem. SGB X auch vollumfänglich bei Übertragung der Aufgaben auf einen privaten Träger?


(Die Antwort der Verwaltung im Sitzungsprotokoll)