Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit am 28.04.2016

Anfrage zu Zwangsverrentungen von Leistungsberechtigten nach dem SGB II
zur Sitzung des Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit am 28.04.2016

Seit dem Jahresbeginn 2008 droht älteren SGB-II-Leistungsberechtigten (SGB II: Zweites Buch Sozialgesetzbuch) eine zwangsweise Frühverrentung.

Leistungsberechtigte, die die Voraussetzungen für eine vorgezogene Altersrente erfüllen, können von den Jobcentern dazu aufgefordert werden, einen Rentenantrag zu stellen.
Das SGB II ermöglicht den Jobcentern, auch ohne Zustimmung der betroffenen Leistungsberechtigten direkt einen entsprechenden Antrag zu stellen.
Der Wille des betroffenen Menschen – ob er dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung stehen möchte oder nicht – spielt keine Rolle. Daher handelt es sich um eine Zwangsverrentung.

Mit dem vorzeitigen Renteneintritt sind dauerhafte Abschläge bei der Rente in Höhe von 0,3 Prozentpunkten pro Monat verbunden. Die Zwangsverrentung ist damit nicht nur ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen, sondern auch ein Rentenkürzungsprogramm für ältere Erwerbslose.

Vor diesem Hintergrund bittet die Kreistagsfraktion DIE LINKE um Beantwortung nachfolgender Fragen:

1. Wie viele SGB-II-Leistungsberechtigte (insgesamt und getrennt nach erwerbsfähigen sowie nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aufschlüsseln) waren jeweils 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64 und 65 Jahre alt (bitte Angaben jeweils pro Jahr für 2014 und 2015 aufschlüsseln)?

2. Wie viele der über 58-jährigen SGB-II-Leistungsberechtigten gelten statistisch als arbeitslos, und wie viele von diesen sind über 63 Jahre alt?

3. Wie viele der über 58-Jährigen gelten nicht als arbeitslos (bitte die Anzahl der über 63-Jährigen extra ausweisen), weil sie
a) noch unter die sog. 58er- Regelung und
b) unter die Regelung des § 53a Absatz 2 SGB II fallen (bitte Angaben jeweils pro Jahr für 2014 und 2015)?

4. Wie viele Leistungsberechtigte, wurden in den Jahren 2014/2015 aufgefordert, eine geminderte Altersrente zu beantragen?

5. In wie vielen Fällen hat das Jobcenter ersatzweise einen Antrag gestellt, weil der Aufforderung seitens des Leistungberechtigten nicht nachgekommen wurde?

6. Wie oft ist die Aufforderung,
a) Rentenansprüche zu klären und
b) vorgezogene Rente zu beantragen,
in eine Eingliederungsvereinbarung aufgenommen worden (bitte Angaben pro Jahr für 2014 und 2015)?

7. Wie oft wurden Leistungsberechtigte schriftlich und/oder mündlich aufgefordert,
a) Rentenansprüche zu klären und
b) vorgezogene Rente zu beantragen?

8. In wie vielen Fällen sind erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Alter von 63 bis 65 Jahren insgesamt aus dem Leistungsbezug ausgeschieden (bitte Angaben pro Jahr seit 2014)?
Aus welchen Gründen und wohin sind die genannten Personen aus dem Leistungsbezug
ausgeschieden (Erwerbstätigkeit, Maßnahme der aktiven Arbeitsmarktpolitik, Altersrente, Erwerbsminderungsrente etc.)?

9. In wie vielen Fällen sind erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Alter von 63 bis 65 Jahren
a) aufgrund dieser Aufforderung und
b) nach Antragstellung durch das Jobcenter aus dem SGB-II-Leistungsbezug
ausgeschieden (bitte Angaben pro Jahr für 2014 und 2015)?

10. In wie vielen Fällen gab es gegen die Aufforderung rechtliche Schritte der betroffenen
Leistungsberechtigten ( Widerspruch, Klage – für die Jahre 2014 und 2015)?
Wie viele Widersprüche und Klagen wurden zugunsten des Antragstellers beschieden?

11. In wie vielen Fällen gab es gegen eine Antragstellung durch das Jobcenter rechtliche Schritte der betroffenen Leistungsberechtigten (Widerspruch, Klage – bitte Angaben für die Jahre 2014 und 2015)?
In wie vielen Fällen wurde zugunsten der Leistungsberechtigten entschieden?