Offener Brief an Landrat Dr. Olaf Gericke

Sahra Saure

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Gericke,

Die Diskussion um die Impfreihenfolge im Krankenhaus der Kreisstadt, dem Josephs-Hospital Warendorf, ist vermutlich nicht an Ihnen vorbei gegangen. Die moralisch-emotionale Bewertung möchten wir da jedem selbst überlassen. Uns ist an einer Versachlichung der Diskussion gelegen. Da weder Vorstand noch Kuratorium zur Klärung der relevanten Fragen beitragen konnten oder wollten, wenden wir uns nun hoffnungsvoll an Sie. 

Auch über Parteigrenzen hinweg stellen sich der Öffentlichkeit folgende Fragen:

- Warum wurde in Priorisierungsgruppe 2 innerhalb des Krankenhauses weiter geimpft, wenn doch Priorisierungsgruppe 2 erst am 27.02. durch Sie, Herr Dr. Gericke, freigegeben wurde (WN, 27.02.)?

- War das mit dem Gesundheitsamt abgestimmt?

- Wer hat sich an dieser Stelle explizit für den Vorstand entschieden, noch bevor alle patientennahen Mitarbeiter geimpft waren?

- Wer entscheidet, ab wann in einer anderen Priorisierungsgruppe weiter geimpft wird? Die Institution Krankenhaus oder das Land?

Laut Ihrer Aussage hat der Kreis eine Notfallliste erstellt, damit Impfdosen nicht kurzfristig verfallen. Auf dieser befinden sich ebenfalls Personen der priorisierten Gruppe, welche binnen weniger Minuten erreichbar sind (Glocke, 17.02.).

- Wäre nicht ein Zugreifen auf eben diese Liste angezeigt gewesen, anstatt hausintern in Gruppe 2 und beim Vorstand weiter zu impfen?

- Ist die Bundesimpfverordnung nicht für alle bindend, oder gibt es da für die Krankenhäuser Ausnahmeregeln, welche in der Verordnung nicht abgebildet sind?

- Handelte es sich um 50 oder 85 überschüssige Impfdosen?

- Welche Personengruppen sind damit geimpft worden, wenn, nach eigenen Angaben des Vorstands, keine Verwaltungsangestellten, keine Kuratoriumsmitglieder und kein patientennahes Pflegepersonal damit geimpft wurde?

Bis zu 85 Impfdosen sind keine, mit Verlaub, „Peanuts“. Zudem wirft die weitere Berichterstattung auch weitere Fragen auf: 

Bis Freitagmittag, den 26.02. waren im Josephs-Hospital 251 Angestellte der 2. und auch 3. Gefährdungskategorie geimpft worden. Vom Gärtner bis zum IT-Mitarbeiter. Das Krankenhaus erwartet weitere Impfdosen für die letzten 30 Mitarbeiter der dritten Priorisierungsgruppe. Dann wäre das gesamte Krankenhaus durchgeimpft (WN, 27.02.). 

Fragen: 

- Wieso wird in Priorisierungsgruppe 3 geimpft, wenn doch erst Priorisierungsgruppe 2 am 27.02. freigegeben wurde? 

- Wieso bekommt das Krankenhaus dafür Impfdosen bereitgestellt?

- Ist das mit den Gesundheitsämtern / dem Land so abgesprochen?

 

Uns ist bewusst, dass wir derzeit eine veränderte Situation haben, unter anderem auch durch breitere Ablehnung des Vakzins von Astrazeneca. Jede Impfung ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Pandemie. Dennoch darf gerade in diesen Zeiten das Vertrauen in die verantwortlichen Schnittstellen nicht gefährdet werden. Schwerstkranken, die einen Härtefallantrag stellen müssen, ist schwer zu vermitteln, wieso ausgerechnet Vorstände für sich eine frühzeitige Impfung in Anspruch nehmen (können). Da ist an dieser Stelle Transparenz und lückenlose Aufklärung geboten. Das ist das Wenigste, was die Warendorfer erwarten dürfen.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Sarah Saure 

Vorstand Die Linke Ortsverband Warendorf